Gemeinnützigkeit i.S.d. AO gefährdet, wenn nur Männer Mitglieder werden dürfen?

erschüttert das Ehrenamt,

BFH Urt. vom 17.5.17, V R 52/15, veröffentlicht am 2.8.17.

 

Zur Entscheidung stand an, ob eine Freimaurerloge als juristische Person des privaten Rechts gemeinnützige Zwecke i. S. des § 52 Abs. 1 AO verfolgt. In der Satzung sind ehrenhafte Ziele aufgeführt, so die Förderung christlicher Religiosität oder allgemeine Menschenliebe.

Nach § 2 ihrer Satzung verfolgt die Loge – wie üblich - ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts "Steuerbegünstigte Zwecke" der AO und Mitglied können alle unbescholtenen Männer, die einer christlichen Kirche angehören, werden.

Die Loge forderte als gemeinnützig anerkannt zu werden.

Eine Klage blieb erfolglos. Nach dem Urteil des FG verfolgt die Loge weder gemeinnützige noch mildtätige Zwecke. Nach Ansicht des Gerichts fördere sie gerade keine gemeinnützigen Zwecke, da sie nicht der Förderung der Allgemeinheit diene. Der von der Loge verfolgte Zweck könne zwar auch Frauen begünstigen. Da die Loge aber Frauen die Mitgliedschaft verwehrt, gebe sie zu erkennen, dass sie diesen Teil der Allgemeinheit nicht fördern wolle.

Der BFH hält die zulässige Revision der Loge für unbegründet. Das FG hat vielmehr zu Recht entschieden, dass das Finanzamt die Loge nicht als gemeinnützig anerkennen muss.

Der Ausschluß von Frauen erfolge vorliegend ohne sachlich zwingenden Grund und verstößt somit gegen den Gleichheitssatz, Art 3 GG. Ein Verein der die wesensmäßige Gleichheit aller Menschen in Abrede stellt, ist mangels Förderung der Allgemeinheit vielmehr nicht gemeinnützig. Frauen werden gerade alleine aufgrund ihres Geschlechts von einer Teilhabe ausgeschlossen.

Welche Auswirkungen hat die Verweigerung des Gemeinnützigkeitstatus auf andere Vereine?

Das BFH-Urteil könnte sich auch auf Vereine auswirken, die die Gemeinnützigkeit in Anspruch nehmen, aber wie z.B. Schützenbruderschaften oder auch Frauenchöre Männer oder Frauen ohne sachlichen Grund von einer Mitgliedschaft ausschließen.

Das Urteil ist bahnbrechend, da im Steuerrecht die Gleichberechtigung in Bezug auf die Gemeinnützigkeit bislang kein Thema war.

Eine Steuerbefreiung gibt es im Sinne der Förderung der Allgemeinheit nur, wenn der Verein seine Zweckerfüllung iSv. Kunst, Soziales, Sport, Bildung allen zugutekommen läßt. Alle sind hierbei Menschen - egal welchen Geschlechts und welcher Rasse oder Religion.

Die jeweilige Ablehnung des Freistellungsbescheides für einen Verein muss plausibel dargelegt werden

Kann ein Männergesangsverein geltend machen, dass manche Lieder ausschließlich von Männern gesungen werden? Entsprechende Literatur wird sich finden lassen, sodass ein sachlicher Grund zum Ausschluß von Frauen möglich erscheint. Argumentieren kann man aber auch in die andere Richtung, nämlich, dass Frauen dennoch Mitglied sein können, wenn sie z.B. die Buchführung im Männergesangsverein führen. Es bleibt somit abzuwarten, wie die Rechtsprechung die sachlichen Gründe entwickelt.

Neben den Sängern und Schützen werden sich auch Brauchtumsvereine und Burschenschaften als klassische Männerbünde Gedanken machen müssen, wie sie die sachlichen Gründe ausführen. Das Argument der langjährigen Tradition wird hier nicht greifen, siehe das Urteil zur Loge. Es ist auch die Frage, warum nicht auch Frauen beim Schießen im Schützenverein mitmachen sollen oder ein Brauchtumsverein, der Denkmäler und Ähnliches in einer Region unterstützt, nicht auch Frauen offenstehen soll.

In Zeiten, wo Anti-Diskriminierungs-Richtlinien um sich greifen, ist es nicht verwunderlich, dass dieses Thema auch vor dem Ehrenamt nicht Halt macht. Alles unterliegt einem Wandel und gerade Frauen waren um 1900 wenn überhaupt in kirchlichen Bereich (unorganisiert) engagiert. Alleine hieraus entstanden die Männerbünde, da es schlicht in die damalige Vorstellung nicht passte, dass dort Frauen beteiligt waren, die standen ja ausschließlich am Herd.

Rechtsanwältin Maren Jackwerth